Berlin (DAV). Deliveroo, Take Eat Easy oder Foodora – neue Lieferdienste werden in deutschen Großstädten immer beliebter und definieren sich als Vermittler zwischen Restaurant und Kunden. Verbraucher sollten wissen: Nicht das Restaurant ist als Vertragspartner für ein einwandfreies Produkt verantwortlich, sondern der Bringdienst, informiert die Deutsche Anwaltauskunft.
Neue Anbieter auf dem Markt der Bringdienste, wie etwa Foodora, Take Eat Easy oder Deliveroo arbeiten nach einem neuartigen Prinzip: Sie stellen Essen nicht mehr selbst her, sondern übernehmen lediglich die Lieferung vom Restaurant zum Endkunden. Damit wollen sie Schnittstelle sein: zwischen Restaurants, die sich keinen eigenständigen Lieferservice leisten wollen und Kunden, die gerne daheim ihr Essen aus dem Lieblingslokal genießen.
Die Arbeitsteilung zwischen Essenszubereitung und Lieferung wirkt sich allerdings nicht auf die Rechte des Kunden aus. Vertragspartner ist für ihn der Lieferdienst. Bestellt und bezahlt wird über dessen Online-Service.
Bei Problemen ist es auch unerheblich, ob die Lieferung zu lange dauert oder das Essen versalzen ist. Ansprechpartner der Kunden von Bringdiensten ist immer der Dienst selbst. Durch seine Rolle als Vertragspartner liegt es in seiner Hand, kein mangelhaftes Produkt zu liefern. Zivilrechtsexperte und Rechtsanwalt Jürgen Widder vom Deutschen Anwaltverein (DAV) bestätigt das gegenüber der Deutschen Anwaltauskunft: „Zu sagen: ‚Wir reichen nur durch‘, geht in diesem Fall nicht.“
Gibt es Mängel in der Lieferung, sollten Kunden sich möglichst direkt bemerkbar machen. Zwar gibt beim Online-Kauf das Fernabsatzgesetz ein Widerrufsrecht von bis zu 14 Tagen – aber nicht beim Erwerb von Lebensmitteln. Ist also die Pizza nur angebissen und der Kunde wendet sich an den Bringdienst mit einer Beschwerde, kann der noch einmal nachliefern. Was dann wiederum dieser Anbieter mit dem Restaurant, welches das mangelhafte Essen produziert hat, bespricht, braucht den Endkunden nicht zu interessieren.
Gegen den Ärger einer verspäteten Lieferung sichern sich Verbraucher rechtlich ab, indem sie bei der Bestellung eine konkrete Lieferzeit oder Zeitspanne angeben. Gibt der Kunde keinen konkreten Zeitpunkt an, wird ein Rücktritt schwieriger. Dann entscheidet im Zweifelsfall die Verhältnismäßigkeit. Wer also pünktlich um 12:30 Uhr sein Mittagessen genießen möchte, sollte das in der Bestellung unbedingt mit angeben.
Der DAV hält den geplanten Leistungsausschluss für Unionsbürger ohne Erwerbsstatus für nicht vereinbar mit dem Anspruch auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums, welcher als grundgesetzlich verankertes Menschenrecht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen gleichermaßen zusteht.
München/Berlin (DAV). Ist ein Landgerichtsarzt beauftragt, Drogenscreenings durchzuführen, kann er hierfür wie ein Laborarzt Honorar verlangen. Das zuständige Bundesland kann sich nicht darauf berufen, der Arzt sei nicht qualifiziert und habe deswegen keinen Anspruch auf ein Honorar. Der Arzt ist gutachterlich tätig, sein Anspruch bleibt daher bestehen. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts München vom 18. Februar 2016 (AZ: 9 O 20894/14). Danach konnte der Freistaat Bayern von einem Landgerichtsarzt nicht das ärztliche Honorar von rund 90.000 Euro für diverse Screenings zurückverlangen.
Der Arzt und Facharzt für Psychiatrie ist als Landgerichtsarzt beim Landgericht Ingolstadt tätig. Auf gerichtliches und staatsanwaltschaftliches Ersuchen nahm er auch sogenannte Drogenscreening-Untersuchungen vor. Diese wurden vor allem im Rahmen von Bewährungsauflagen durchgeführt. Bis November 2004 erbrachte der Arzt die hierfür notwendigen Laborleistungen selbst, danach beauftragte er damit eine Laborpraxis. Die jeweils durchgeführten Laboruntersuchungen stellte er dem späteren Kläger, dem Freistaat Bayern, als ärztliche Laborleistungen gemäß GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) in Rechnung.
Der Freistaat verlangte die Rückzahlung der so abgerechneten Laborleistungen. Er begründete die Forderung damit, dass der Landgerichtsarzt kein Laborarzt sei. Ohne den erforderlichen Fachkundenachweis dürfe er die Leistungen nicht nach der GOÄ in Rechnung stellen. Die Kosten dürften allein von dem Laborarzt in Rechnung gestellt werden.
Das Landgericht folgte dieser Argumentation nicht. Ein Rückzahlungsanspruch bestehe nicht. Der Landgerichtsarzt habe nicht im Rahmen eines Patientenverhältnisses gehandelt, sondern hatte den Auftrag für ein Gutachten. Dieser Auftrag bleibe auch dann bestehen, wenn der Arzt außerhalb seiner formellen fachärztlichen Kompetenz gehandelt habe. Die Verträge zwischen den Parteien seien nicht als Behandlungsverträge, sondern als Gutachtensaufträge einzuordnen.
Nur bei einem ärztlichen Behandlungsvertrag führe eine fachfremde Leistung des Arztes zum Wegfall des Honoraranspruchs gegenüber dem Patienten. Dies gelte für die Beauftragung im Sachverständigenverhältnis aber nicht. Denn die Tätigkeit des Sachverständigen sei eine andere als die eines behandelnden Arztes. Auch sei der Auftraggeber nicht im selben Maße schutzwürdig wie ein Patient.
Außerdem habe der Arzt die Laborleistungen direkt abrechnen können und hätte sich nicht darauf beschränken müssen, eine gesonderte Rechnung des Labors beizufügen. Ihm sei freigestellt gewesen, ob er die Laboruntersuchung selbst oder durch ein anderes Labor durchführen ließ. Er habe auch nur die vereinbarte Abrechnung nach der GOÄ vorgenommen und den Honorarrahmen nicht überschritten.
Dem Auftraggeber sei darüber hinaus die fehlende Fachkunde des Mediziners bekannt gewesen, gleichwohl sei er beauftragt worden. Eine Rückforderung sei daher treuwidrig.
Bonn/Berlin (DAV). Auch ein Heilpraktiker muss über Nebenwirkungen einer Behandlung korrekt aufklären. Tut er dies nicht, ist die Behandlung rechtswidrig. Unterlaufen ihm darüber hinaus noch Behandlungsfehler, wird dies bei der Bemessung des Schmerzensgelds berücksichtigt. Für eine 2×3 cm große Brandnarbe sind 2.500 Euro angemessen, wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) unter Bezug auf ein Urteil des Landgerichts Bonn vom 19. Juni 2015 (AZ: 9 O 234/14) mitteilt.
Der Mann suchte eine Naturheilpraxis auf. Er klagte über Spannungsschmerzen an den Augen und geschwollene Augenlider. Der Heilpraktiker wollte unter anderem mit einer Wärmebehandlung (Moxabustion) dagegen vorgehen. Er wies den Patienten schriftlich darauf hin, dass es in „seltenen Fällen“ zu Brandblasen kommen könne.
Der Heilpraktiker setzte Nadeln, auf denen Kräuterwatte verbrannt wurde. Als Folge der Behandlung kam es am Sprunggelenk zu einer Brandblase, die eine 2×3 cm große Narbe hinterließ. Der Patient verlangte Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Mit Erfolg. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige stellte fest, dass entweder die Nadel am Sprunggelenk zu kurz gewesen oder die Kräuterwatte herabgefallen war. Außerdem kam er zu dem Ergebnis, dass der Hinweis in der Patientenaufklärung „in seltenen Fällen“ falsch war. Seiner Meinung nach besteht die Gefahr von Brandblasen bei dieser Art der Behandlung „oft“, nämlich etwa bei einem Prozent. Patienten dürften sich bei den Formulierungen „in seltenen Fällen“ und „oft“ an den Beipackzetteln von Arzneimitteln orientieren. „In seltenen Fällen“ heiße daher in mehr als 0,01 Prozent und weniger als 0,1 Prozent der Fälle, also bei einem bis zehn von 10.000 behandelten Patienten.
Außerdem sei die Behandlung völlig ungeeignet gewesen, um die Beschwerden zu lindern. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass auch andere Heilpraktikermethoden hätten angewendet werden können. Bei dieser Art der Behandlung hätte zudem der Patient ständig beaufsichtigt werden müssen, um Brandblasen zu vermeiden. Das Gericht hielt ein Schmerzensgeld von 2.500 Euro für angemessen.
Hamm/Berlin (DAV). Verursacht ein 80-jähriger Pedelec-Fahrer einen Unfall mit einem Auto, haftet er unter Umständen allein. Voraussetzung ist ein erheblicher Verkehrsverstoß. Dieser liegt vor bei einem plötzlichen Überqueren der Trennlinie von einem Geh- und Radweg schräg auf die Fahrbahn. Das hat das Oberlandesgericht Hamm am 9. Februar 2016 (AZ: 9 U 125/15) entschieden, wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Der seinerzeit 80-jährige Mann benutzte mit seinem Pedelec den rechts von der Fahrbahn durch eine durchgehende Linie abgetrennten Geh- und Radweg. An einer Kreuzung wollte er nach links abbiegen. Zu diesem Zweck fuhr er über die durchgezogene Linie in Richtung Fahrbahnmitte. Auf der Fahrbahn kam es zum Zusammenstoß mit einem Pkw. Der Mann stürzte und erlitt Prellungen sowie Frakturen im Bereich seines Beckens. Er verlangt 20.000 Euro Schmerzensgeld und rund 500 Euro Schadensersatz, unter anderem für das beschädigte Pedelec.
Ohne Erfolg. Den Mann treffe ein erhebliches Eigenverschulden an dem Unfall. Eine Haftung des Autofahrers sei daher selbst unter dem Gesichtspunkt der von dem Pkw ausgehenden Betriebsgefahr ausgeschlossen. Der Pedelec-Fahrer habe die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Er habe versucht, blindlings von dem rechts neben der Fahrbahn verlaufenden Radweg über die gesamte Breite der Straße hinweg abzubiegen. Bei dem ausgeführten Fahrmanöver habe er seine Absicht abzubiegen weder rechtzeitig angekündigt noch auf den hinter ihm herannahenden Verkehr geachtet. Gegenüber diesem groben Fehlverhalten des Mannes trete die Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs zurück.
Berlin (DAV). Wer die Busspur benutzt, um einen Stau zu umfahren, haftet bei einem Unfall mit einem Linksabbieger aus dem Gegenverkehr mit. Dies gilt auch dann, wenn derjenige die Busspur nur benutzt hat, um zu einer Parklücke zu gelangen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 8. Juni 2015 (AZ: 29 U 1/15).
Der Autofahrer befuhr unerlaubt die Busspur, als ein Fahrzeug aus dem Gegenverkehr kommend links in ein Grundstück fahren wollte. Die beiden Fahrzeuge stießen zusammen. Der Mann verlangte den Ersatz des gesamten Schadens. Auf seiner eigentlichen Fahrspur hatte stockender Verkehr geherrscht. Er gab an, dass er daran habe vorbeifahren wollen, um eine Parklücke zu erreichen.
Das Gericht entschied, dass der Mann für den Unfall zu einem Drittel mithaften muss. Zwar hafte der Fahrer des anderen Fahrzeugs, da er gegen seine Sorgfaltspflicht verstoßen habe, als er abgebogen sei. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass der Kläger nicht auf der Busspur hätte fahren dürfen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass er nur zu der Parklücke habe fahren wollen. Er hätte sich in das Stauende einreihen müssen. Wenn vor ihm jemand ebenfalls die Parklücke hätte nutzen wollen, wäre überdies dieser Fahrer bevorrechtigt gewesen. Der Kläger habe damit auch die mögliche Gefahr einer Kollision mit einem anderen Fahrer geschaffen. Daher sei eine Mithaftung von einem Drittel gerechtfertigt.
Die aktuellen EU-Informationen des DAV, heute u.a. mit Neuigkeiten zur Binnenmarktstrategie und zum Europäischen Semester, Forderungen des EU-Parlaments zur Richtlinie zur Frauenquote in Aufsichtsräten, der Position des Parlaments zum automatischen Austausch von Steuerinformationen, einem EuGH-Urteil zur Familienzusammenführung, Forderungen des EU-Parlaments zu grenzüberschreitenden Sorgerechtsfällen.
Der DAV Strafrechtsausschuss begrüßt die geplante Änderung des Gewaltschutzgesetzes, sieht aber keinen Bedarf für die Umwandlung des § 238 Abs. 1 StGB von einem Erfolgs- in ein Gefährdungsdelikt.
Berlin (DAV). Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt, dass mit der Reform des Sexualstrafrechts auch Gesetzeslücken geschlossen werden. Der DAV warnt aber vor Beweisproblemen in der gerichtlichen Praxis. Am heutigen Donnerstag debattierte der Bundestag in erster Lesung über den Regierungsentwurf.
„Der Gesetzentwurf der Bundesregierung schließt Regelungslücken im Sexualstrafrecht“, sagt Rechtsanwalt Dr. h.c. Rüdiger Deckers, Mitglied im Strafrechtsausschuss des DAV. „Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass künftig überraschende sexuelle Handlungen strafrechtlich belangt werden können“, sagt Deckers.
Zugleich weist der DAV auf massive Beweisprobleme in der Praxis hin. Denn der Regierungsentwurf stellt bei der Strafbarkeit des sexuellen Missbrauchs unter anderem darauf ab, ob das Opfer im Fall seines Widerstandes ein empfindliches Übel des Täters befürchtet. „Ein subjektives Empfinden wie Furcht ist schwer zu beweisen und zudem ein unbestimmter Begriff, der Rechtsunsicherheit schafft.“ so Deckers.