Berlin (DRB/DAV). Nach dem Verfassungsreferendum in der Türkei hat der Deutsche Richterbund (DRB) mit dem Deutschen Anwaltverein (DAV) eine Internetplattform für Exil-Juristen aus der Türkei gestartet. Die türkischsprachige Internetseite bietet türkischen Richtern, Staatsanwälten und Anwälten, die aus politischen Gründen nach Deutschland fliehen, eine erste Orientierung und Kontakt zu deutschen Kollegen.
„Nach dem Referendum müssen wir davon ausgehen, dass der Rechtsstaat in der Türkei vollends kollabiert“, sagt der DAV-Präsident, Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg. Es sei daher damit zu rechnen, dass viele der schon jetzt unter Repressionen leidenden Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte das Land verlassen. „Bereits vor dem Referendum herrschte in der türkischen Anwaltschaft ein Klima der Angst“, sagt Schellenberg. Der DAV-Präsident konnte sich im Januar während eines Besuchs in der Türkei ein Bild von der Situation machen.
Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes Jens Gnisa geht davon aus, dass die Justiz in der Türkei keine rechtsstaatlichen Verfahren mehr gewährleisten kann: „Ein Richter oder Staatsanwalt, der es wagt, sich gegen Erdogans Linie zu stellen, muss um seinen Beruf, seine Freiheit und die wirtschaftliche Existenz seiner Familie fürchten.“ Den Richterbund erreichten „Woche für Woche erschütternde Berichte von türkischen Kollegen und ihren Angehörigen“. „Wer sich angesichts der weiter zugespitzten Lage in der Türkei entscheidet, nach Deutschland zu fliehen, der soll über das neue Hilfsportal schnell Ansprechpartner und Unterstützung finden“, erklärt Gnisa. Seit dem Putsch im Juli 2016 sind mehr als 4000 Richter und Staatsanwälte aus ihren Ämtern entfernt worden, viele von ihnen sitzen ohne Angabe konkreter Gründe nach wie vor in Haft.
Anwaltverein und Richterbund wollen mit ihrem Projekt ein Zeichen der Solidarität setzen und konkrete Hilfe anbieten. Die Plattform (www.turkish-law-colleagues.de) vermittelt Kontakt zu türkischsprachigen Richtern, Staatsanwälten und Anwälten im gesamten Bundesgebiet. Ziel ist es, türkischen Juristen durch Ansprechpartner in Deutschland eine Starthilfe und erste Orientierung im Land zu geben.
Anliegend finden Sie die Pressemitteilung auch in türkischer Sprache.
Hamm/Berlin (DAV). Generell gilt in einem Kreisverkehr ohne Beschilderung rechts vor links. Daher darf auch ein Radfahrer nur dann eine Straße passieren, wenn sie frei ist. Kann er nicht rechtzeitig den Bereich überqueren, muss er warten. Andernfalls haftet er beim Unfall mit. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgericht Hamm vom 17. Januar 2017 (AZ: 9 U 22/16).
Eine 78 Jahre alte Fahrradfahrerin fuhr in einem Kreisverkehr. Dort gilt die Vorfahrtsregel „rechts vor links“. Sie wollte den Kreisel an der zweiten Ausfahrt verlassen und überquerte die erste von rechts kommende Straße. Dabei kollidierte sie mit der vorderen linken Ecke eines Pkw. Die Radfahrerin verlangte Schadensersatz, unter anderem einen Haushaltsführungsschaden von 4.000 Euro und Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro wegen ihres Schienbeinkopfbruchs und der notwendigen Operationen.
Das Gericht verteilte die Haftung zu 60 Prozent zu Lasten der Radfahrerin und 40 Prozent zu Lasten des Autofahrers. Der Radfahrerin sei vorzuwerfen, dass sie in dem Bereich des Rondells die Straße überquert habe, ohne die Vorfahrt zu gewähren. Daher müsse sie überwiegend haften. Die Autofahrerin hingegen habe ihre allgemeine Rücksichtnahmepflicht verletzt. Sie habe offensichtlich die Radfahrerin übersehen. Hätte sie aber darauf geachtet, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen. Im Zweifel dürfe man sein Vorfahrtsrecht auch nicht ohne Rücksicht auf andere durchsetzen. Daher und wegen der allgemeinen Betriebsgefahr des Autos müsse sie zu 40 Prozent haften.
München/Berlin (DAV). Wer zu schnell über eine Bodenschwelle fährt, riskiert einen Schaden am Fahrzeug und ist nicht versichert. Fährt man aber mit der normalen Geschwindigkeit über eine Schwelle, die vorher nicht erkennbar war, liegt ein versicherter Unfall vor. Nur wenn die Bodenschwelle vorher erkennbar wäre, läge ein sogenannter unversicherter Betriebsschaden vor. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts München II vom 13. Januar 2017 (AZ: 10 O 3458/16).
Der Mann fuhr mit seinem Wohnmobil über eine Bodenschwelle bei einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h. Es entstand ein erheblicher Schaden an der Bodengruppe des Wohnmobils in Höhe von rund 12.000 Euro. Der Mann meinte, dass ein Unfall vorliege, da er die Bodenschwelle aufgrund der örtlichen Verhältnisse sowie der Sichtverhältnisse nicht habe erkennen können.
Die Versicherung war dagegen der Meinung, es liege ein sogenannter Betriebsschaden vor. Also ein Schaden, der aus dem Betrieb des Fahrzeugs entsteht. Dieser sei hier nicht versichert.
Die Klage des Wohnmobilhalters war erfolgreich. Versichert seien Unfälle des Fahrzeugs, und ein solcher liege vor, so das Gericht. Betriebsschäden seien solche, die zwar auf einer „Einwirkung mechanischer Gewalt beruhen, aber zu normalen Betrieb des Kfz gehören“. Dagegen seien Unfälle Ereignisse, die „von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirken“. Ein Unfall sah das Gericht auch hier. Entscheidend sei, dass die Bodenschwelle für den Fahrer vorher nicht erkennbar gewesen sei. Damit sei diese für ihn auch „plötzlich“ im Sinne der Versicherungsbedingungen gewesen. Etwas Anderes gelte nur, wenn die Bodenschwelle vorher erkennbar gewesen wäre. Er habe aber glaubhaft und nachvollziehbar darlegen können, dass dies nicht so gewesen sei.
Berlin (DAV). Über Ostern kehrte in mehreren Regionen Deutschlands der Winter zurück. Schneit es so spät noch, können Autofahrer, die die Reifen schon gewechselt haben, in Bedrängnis geraten. Die Straßenverkehrsordnung kennt zwar keinen bestimmten Zeitraum im Kalender, in dem Winterreifen aufgezogen werden müssen. Vorsicht ist aber trotzdem geboten. Darüber informiert die Deutsche Anwaltauskunft (anwaltauskunft.de)
In Deutschland gilt eine situative Winterreifenpflicht. „Die Bereifung ist von den tatsächlichen Straßenverhältnissen abhängig zu machen“, sagt Rechtsanwalt Swen Walentowski, Sprecher von anwaltauskunft.de. Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch oder Reifglätte dürften Autofahrer nur in Kraftfahrzeugen unterwegs sein, die mit den erforderlichen Reifen ausgestattet sind. Wer bei derartigen Wetterverhältnissen mit Sommerreifen fahre, riskiere bei einer Kontrolle durch die Polizei ein Bußgeld und einen Punkt in Flensburg.
Wie es im Falle eines Unfalls oder Schadens um den Versicherungsschutz steht, kommt auf den Einzelfall an. Möchte die Versicherung die Leistungen kürzen, muss sie dem Versicherten eine grobe Fahrlässigkeit nachweisen. Eine solche liegt dann vor, wenn der Versicherte seine gebotene Sorgfalt in außergewöhnlich hohem Maße verletzt hat. Fährt jemand im Februar auf eisglatter Fahrbahn mit Sommerreifen, ist das ein relativ klarer Fall. Komplizierter wird es allerdings, wenn das Winterwetter nicht durchgängig ist. Etwa, weil die lokalen Verhältnisse unterschiedlich sind oder der Autofahrer von einem plötzlichen Wintereinbruch überrascht wurde.
Autofahrern, denen es nicht nur um ihren Versicherungsschutz, sondern auch um ihre Gesundheit geht, sollten nicht zu früh auf Sommerreifen wechseln. „Wie wir aktuell sehen, kann es auch bis weit in den April hinein oder sogar noch im Mai in Deutschland schneien. Bis dahin sollten die Winterreifen am Auto bleiben“, rät Rechtsanwalt Walentowski.
Die aktuellen EU-Informationen des DAV, heute u.a. mit den Themen: Europäisches Justizbarometer, EuGH zum ne bis in idem-Grundsatz; DAT 2017; Anhörung zur ePrivacy-Verordnung.
Themen u. a.: BGH: Kammervorstand muss Protokolle offenlegen, DAV nimmt Stellung zu aktuellen Gesetzesvorhaben, Deutsche Anwaltauskunft, DAT weiterlesen ›
Berlin (DAV). Die zunehmende Digitalisierung der anwaltlichen Tätigkeit stellt die Anwaltschaft vor technische Herausforderungen. Deshalb sollen nach einem Gesetzentwurf die IT‑Dienstleister, die für eine Anwaltskanzlei tätig sind, nunmehr stärker in die rechtliche Verpflichtung zur Wahrung des Mandatsgeheimnisses einbezogen werden. Darüber informierte die Arbeitsgemeinschaft IT-Recht im Deutschen Anwaltverein (davit) jetzt auf dem 14. Karlsruher IT-Rechtstag.
Daten sind das Herzstück anwaltlicher Arbeit. Ihr Verlust oder Missbrauch kann für den Juristen existenzgefährdend sein. Gleichzeitig sind Kanzleien zunehmend auf externe IT‑Dienstleister angewiesen, um modernes und adäquates Datenmanagement leisten zu können. Die Beauftragung solch externer Dienstleister ist für Anwälte als Berufsgeheimnisträger, die einer Schweigepflicht unterliegen, jedoch mit einem rechtlichen Risiko verbunden.
Ein neues Gesetz soll hier Abhilfe schaffen. Die Bundesregierung hat jetzt den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vorgelegt.
Der Entwurf schlägt insbesondere eine Änderung des § 203 StGB und unter anderem Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vor. Auf der Ebene des Satzungsrechts besteht für Rechtsanwälte bereits die Berufspflicht, Mitarbeiter zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Beauftragt er ein Unternehmen, muss er diesem ebenso auferlegen, seine Mitarbeiter zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Das wird nun in das Gesetz übernommen. Zudem legt es fest, unter welchen Voraussetzungen Dienstleistern Zugang zu fremden Geheimnissen eröffnet werden darf. „Das Gesetz bietet damit auch IT‑Dienstleistern einen klaren rechtlichen Rahmen, wenn sie Dienstleistungen und Cloud‑Angebote für Berufsgeheimnisträger erbringen“, erläutert Rechtsanwältin Dr. Astrid Auer-Reinsdorff, Vorsitzende der DAV-Arbeitsgemeinschaft IT-Recht.
Der IT-Dienstleister muss Datenschutz, IT-Sicherheit und Vertraulichkeit zusichern. Darüber hinaus ist er verpflichtet, entsprechende Verpflichtungen auch von seinen Mitarbeitern und Subunternehmern einzuholen. Verstößt er gegen die Verschwiegenheitspflicht, macht er sich zukünftig strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr belegt werden.
Ob es noch Änderungen an dem Gesetzentwurf geben wird, bleibt abzuwarten. Es gibt bereits Kritik an Details von Organisationen und Verbänden, unter anderem auch vom Deutschen Anwaltverein (DAV).