Pressemitteilungen des DAV

IT 10/15: Bestätigungsmail als unzulässige Werbung – Ende der elektronischen Zustimmung?

Hamburg/Berlin (DAV). Eine E-Mail, die bestätigt, dass für den Empfänger ein Kundenkonto eingerichtet wurde, kann nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Pankow-Weißensee auch Werbung sein (16. Dezember 2014, AZ: 101 C 1005/14). Die Arbeitsgemeinschaft IT-Recht im Deutschen Anwaltverein (DAV) weist daraufhin, dass diese Entscheidung das sogenannte „Double-Opt-in-Verfahren“ unmöglich machen würde.

Das Unternehmen hatte dem Mann an seine berufliche Mailadresse eine E-Mail gesendet. Darin bestätigte es, dass ein Kundenkonto für ihn eingerichtet sei. Da der Mann jedoch kein Kundenkonto eröffnet hatte, forderte er das Unternehmen auf, eine von seinem Anwalt aufgesetzte Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Mit der selbst formulierten Unterlassungserklärung, die der Mann vom Unternehmen erhielt, war er jedoch nicht einverstanden und zog vor Gericht.

Das Unternehmen versicherte, auf seiner Website habe ein User mit Namen und Mailadresse des Klägers ein Kundenkonto angelegt. Dies sei mit einer automatisierten E‑Mail bestätigt worden. Die E-Mail habe den Empfänger lediglich sachlich über die Einrichtung des Kundenkontos informiert. Es handele sich also nicht um Werbung.

Das sah das Gericht anders. Ob eine bestimmte E-Mail Werbung sei, komme auch auf die Sicht des Empfängers an. Nach Meinung der Richter des Amtsgerichts sei die Information, dass das Unternehmen ein Kundenkonto eingerichtet habe, dann Werbung, wenn der Empfänger gar keine Einrichtung eines Kundenkontos veranlasst habe. In diesem Fall müsse er die E-Mail sogar als besonders aufdringliche Absatzförderungsmaßnahme wahrnehmen.

Rechtsanwältin Dr. Astrid Auer-Reinsdorff, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft IT‑Recht, sieht das Urteil kritisch: „Die elektronische Zustimmung, die der User zur Nutzung seiner Daten gibt, dient dem Schutz des Einzelnen. Folgt man der Entscheidung des Amtsgerichts, wird das Einholen der Einwilligung auf elektronischem Weg jedoch faktisch unmöglich gemacht.“

Anbietende Unternehmen sollten allerdings immer daran denken, die Nutzer darauf hinzuweisen, dass sie ihre Einwilligung jederzeit widerrufen können, und die E-Mail mit dem Bestätigungslink frei von jeglichem werbendem Inhalt halten.

Informationen: www.davit.de

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DAV - Depesche

DAV-Depesche Nr. 42/15

Themen u. a.: Fortbildung Asylverfahren, Wohnimmobilienkreditrichtlinie, Klagerechte für Umweltverbände, praktische Informationen für Flüchtlinge, Austausch mit der Korean Bar Association

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Pressemitteilungen des DAV

MedR 13/15: Hirnschaden durch falsche Behandlung nach Unfall – Klinik haftet allein

Oldenburg/Berlin (DAV). Erleidet ein Unfallopfer durch eine falsche ärztliche Behandlung Schaden, haftet allein das behandelnde Krankenhaus. Die Verantwortung des Autofahrers, der den Unfall verursacht hat, tritt dahinter zurück. Das entschied das Oberlandesgericht Oldenburg am 16. Juli 2015 (AZ: 5 U 28/15), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Ein Autofahrer stieß beim Überholen auf der Landstraße mit einem Kraftrad zusammen. Das kam von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Der Fahrer erlitt eine beidseitige Rippenserienfraktur mit Lungenquetschung. Im Krankenhaus wurde er sediert und beatmet. Als das Beatmungsgerät eine Störung anzeigte, ergriff der hinzugerufene Oberarzt die falschen Maßnahmen. Der Patient erlitt einen schweren Hirnschaden. Er liegt seitdem im Wachkoma. Hoffnung auf Besserung besteht nicht. Die Haftpflichtversicherung des Autofahrers zahlte dem Unfallopfer einen Schadensersatzbetrag, insbesondere Schmerzensgeld in Höhe von 275.000 Euro.

Die Versicherung klagte gegen das Krankenhaus. Sie forderte einen Betrag in Höhe von 265.000 Euro zurück. Die Klinik hafte allein für den Hirnschaden des Kraftradfahrers. Ohne den groben Fehler des Oberarztes litte dieser heute nicht mehr unter den Folgen des Unfalls.


In zweiter Instanz hatte die Versicherung Erfolg. Das Krankenhaus musste die geforderten 265.000 Euro an den Haftpflichtversicherer zahlen. Die Klinik hafte zu 100 Prozent, weil die vom Autofahrer zu verantwortenden Verletzungen im Vergleich zu den vom Krankenhaus zu verantwortenden als gering anzusehen seien. Der so genannte Verursachungsbeitrag des Autofahrers trete völlig hinter dem des Krankenhauses zurück.

Information: www.dav-medizinrecht.de

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Pressemitteilungen des DAV

MedR 12/15: Verlust der Approbation bei missbräuchlicher Verschreibung von Betäubungsmitteln

Lüneburg/Berlin (DAV). Verschreibt ein Arzt einem drogenabhängigen Patienten ohne ausreichende Überwachung einen großen Medikamentenvorrat, kann er seine ärztliche Approbation verlieren. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2015 (AZ: 8 LC 123/14), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Ein niedergelassener Arzt verordnete seinem Patienten innerhalb von fünf Tagen 900 Tabletten eines Medikaments, das unter das Betäubungsmittelrecht fällt. Der Patient, den der Arzt bereits seit langem behandelte, war seit Jahren von verschiedenen Betäubungsmitteln abhängig, unter anderem von Kokain und Heroin, aber auch von dem Wirkstoff des verschriebenen Medikaments. Der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZzA) widerrief daraufhin die ärztliche Approbation des Arztes. Er habe sich als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes erwiesen.

Die Klage des Mediziners war erfolglos. Der Widerruf der Approbation als Arzt war rechtmäßig, entschied das Gericht. Durch die Verschreibung habe er seinen Patienten in die Gefahr ernsthafter Gesundheitsschäden gebracht. Er habe einen derart großen Medikamentenvorrat verschrieben, um dem Patienten einen über mehrere Monate dauernden, eigenverantwortlichen Entzugsversuch im Ausland zu ermöglichen. Es sei jedoch die erforderliche ärztliche Überwachung des Entzugs nicht gewährleistet gewesen. Nach der ihm bekannten "Drogengeschichte" seines Patienten hätte sich der Arzt vergewissern müssen, dass ein Beigebrauch von Drogen nicht vorliege. Außerdem habe er wesentliche Bestimmungen des Betäubungsmittelrechts nicht beachtet.

Information: www.dav-medizinrecht.de

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Pressemitteilungen des DAV

VerkR 39/15: Nachtrunk hilft nichts

Frankfurt am Main/Berlin (DAV). Wer befürchten muss, dass gegen ihn wegen einer Alkoholfahrt ermittelt wird, darf in den nachfolgenden Stunden nichts mehr trinken. Wer einen „Nachtrunk“ behauptet, begeht eine Pflichtverletzung. Es liegt dann nämlich der Verdacht nahe, dass der Betroffene die Ermittlung seiner Blutalkoholkonzentration erschweren will. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juli 2014 (AZ: 3 U 66/13).

Der Mann war nachts gegen einen abgestellten Anhänger gefahren. Nachdem er mit einer Person gesprochen hatte, fuhr er weg, ohne seine Personalien zu hinterlassen. Zu Hause verständigte er später die Polizei. Bei dem Mann wurden 1,84 Promille festgestellt. Der Betroffene behauptete, zu Hause wegen des „Schocks“ zwei Bier und zwei Schnäpse getrunken zu haben. Da die Versicherung nicht zahlen wollte, klagte er.

Seine Klage war erfolglos. Für das Gericht lag eine Alkoholfahrt vor. Die Versicherung habe auch nicht zahlen müssen. Es lägen zwei Obliegenheitsverletzungen vor: zum einen die Unfallflucht und zum anderen der „Nachtrunk“. Dieser stelle eine Pflichtverletzung dar, wenn polizeiliche Ermittlungen zu erwarten seien. Da er die Polizei verständigt habe, war dies der Fall. Den Nachtrunk habe er behauptet, um die Feststellung seiner Alkoholisierung zu erschweren.

Informationen: www.verkehrsrecht.de

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Pressemitteilungen des DAV

VerkR 38/15: Abbiegen bei Grün – auf Fußgänger achten!

Dresden/Berlin (DAV). Ein Fußgänger darf beim Überqueren eines Fußgängerüberweges bei grüner Fußgängerampel darauf vertrauen, dass abbiegende Autos ihn beachten. Nur weil ein Fahrzeug ebenfalls Grün hat und links abbiegen will, heißt dies nicht, dass der Fahrer nicht auf Fußgänger achten muss. Das entschied das Oberlandesgericht Dresden am 5. Januar 2015 (AZ: 7 U 568/14), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Die Frau wurde auf einem Ampelübergang von einem Lkw erfasst. Die Fußgängerampel zeigte Grün. Bei der Frage, wer für den Unfall haften muss, war der Lkw-Fahrer der Meinung, dass die Fußgängerin zumindest mithaften müsse. Sie hätte auf querende Autos achten müssen. Schließlich sei auch für den Lkw-Fahrer die Ampel grün gewesen.

Diese Argumentation überzeugte das Gericht nicht. Grundsätzlich dürfe ein Fußgänger darauf vertrauen, dass auf ihn geachtet wird. Zwar dürften Fußgänger nicht blindlings über die grüne Ampel gehen. Es reiche aber aus, wenn man einen kurzen Seitenblick nach rechts werfe. Ohne weitere konkrete Anhaltspunkte, etwa eine hohe Geschwindigkeit des Fahrzeugs, müsse sich der Fußgänger nicht ständig vergewissern, dass er gefahrlos den Überweg nutzen könne.

Das Gericht sah also die Verantwortung für den Unfall allein beim Lkw -Fahrer. Daher muss er allein haften.

Informationen: www.verkehrsrecht.de

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Europa im Überblick - DAV

Europa im Überblick, 33/15

Die aktuellen EU-Informationen des DAV, heute u.a. mit den Themen: EuGH-Urteil zu neuen EU-Strafrechtsrichtlinien, Entschließung des EP zu Massenüberwachungen, EuGH zu Klagerechten für Umweltverbände, Neue EuGH-Richter und neuer Präsident, Reform des Europawahlrechts.

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Pressemitteilungen des DAV

Nr. 55/15: Autofahrer aufgepasst: Jetzt Reifen wechseln und für den Winter gerüstet sein

Berlin (DAV). Die Tage werden kürzer und die Temperaturen niedriger, der erste Schnee ist in höheren Regionen gefallen: Viele haben jetzt das Bedürfnis, es sich mit einem warmen Getränk zuhause bequem zu machen. Autofahrer sollten vorher jedoch einen Abstecher in die Werkstatt machen. Denn im Herbst müssen die Reifen gewechselt und das Auto winterfest gemacht werden. Darüber informiert die Deutsche Anwaltauskunft (www.anwaltauskunft.de).

Wann Winterreifen aufgezogen werden müssen, ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben. Wer bei Schnee und Eis mit Sommerreifen unterwegs ist, muss allerdings mit einem Bußgeld von mindestens 60 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Behindert der sommerbereifte Autofahrer den Verkehr oder verursacht er gar einen Unfall, fällt die Strafe höher aus.

Bei einem Unfall können die falschen Reifen sich auch auf die Haftung auswirken. So kann einem Autofahrer, der bei Schnee mit Sommerreifen unterwegs ist, eine Mitschuld am Unfall zugesprochen werden – egal, ob er Unfallverursacher oder Geschädigter ist. Die jeweilige Versicherung übernimmt dann möglicherweise nicht den kompletten Schaden.

Da der Winter sehr kurzfristig hereinbrechen kann, sollten Autofahrer rechtzeitig handeln. Wer seine Reifen jetzt wechselt, ist auf der sicheren Seite. Winterlichen und gleichzeitig sicheren Autofahrten steht dann nichts mehr im Weg.

www.anwaltauskunft.de

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Pressemitteilungen des DAV

PM 43/44: Änderungen im Asylrecht: Kein Beschleunigungsgesetz, sondern ein Asylbehinderungsgesetz

Berlin (DAV). Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt das vom Bundestag beschlossene

Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes ab. Durch das Gesetzespaket werden Flüchtlinge letztlich abgeschreckt, in Deutschland Asyl zu suchen. Besonders bedenklich erscheinen das Arbeitsverbot für geduldete Ausländer, die Änderungen der Leistungen für Asylbewerber und Geduldete sowie das Verbot der Ankündigung einer Abschiebung. In der vom DAV kritisierten Eile des Gesetzgebungsverfahrens bleibt auch die notwendige Überprüfung der Situation in den neuen sogenannten sicheren Herkunftsstaaten aus. Bei der Bewertung der Situation in diesen Ländern werden bspw. geschlechtsspezifische Verfolgung oder die Kumulierung von diskriminierenden Maßnahmen gegenüber ethnischen oder sexuellen Minderheiten nicht berücksichtigt.

„Die Verschärfung des Asylrechts wird viel Leid für die Betroffenen bedeuten, den Zuzug von Schutzsuchenden aber nicht nennenswert reduzieren“, so Rechtsanwältin Gisela Seidler, Vorsitzende des Ausländer- und Asylrechtsausschusses des DAV. Auch die Eile, mit der die gesetzlichen Reglungen umgesetzt werden sollen, ist der Sache nicht angemessen. Die einzig

einer vordergründigen Opportunität geschuldete überhastete Vorgehensweise des Gesetzgebers sei mit einem demokratischen Gesetzgebungsprozess nicht mehr in Einklang zu bringen. „Ohne Not werden problematische, grundrechtsrelevante Weichenstellungen ohne die Möglichkeit einer sachlichen Diskussion durchgezogen“, so Seidler weiter. Die Einschränkung der Leistungen für Geduldete unter das durch das Grundrecht auf Menschenwürde vorgegebene Existenzminimum steht zudem in klarem Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 18.07.2012, 1 BvL 10/10.

Der Gesetzgeber beabsichtigt, die Verpflichtung, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, von drei auf sechs Monate zu verlängern. Dadurch wird auch die räumliche Beschränkung und das Arbeitsverbot der betroffenen Personen verlängert. Die Änderung ist aus Sicht des DAV deswegen schon nicht nachvollziehbar, weil die ohnehin knappen Wohnplatzressourcen in den Aufnahmeeinrichtungen damit weiter verknappt werden.

Der Gesetzgeber plant auch ein weitgehendes gesetzliches Arbeitsverbot für geduldete Ausländer bei gleichzeitiger Einschränkung gewährter Leistungen. Dies konterkariert zum einen die zum 1. August 2015 in Kraft getretenen Änderungen im Aufenthaltsgesetz, wie auch in der Beschäftigungsverordnung zur Aufnahme einer betrieblichen Ausbildung, insbesondere von jugendlichen und heranwachsende geduldeten Ausländerinnen und Ausländern. Zudem missachtet der Gesetzgeber grundlegende Aussagen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 18.07.2012. Massenhafte Rechtsmittelverfahren werden die Folge sein.

Bei dem Thema der sicheren Herkunftsstaaten verkennt der Entwurf, dass es neben dem Merkmal „staatliche Verfolgung“ auch generell andere Asylgründe geben kann, wie etwa die Häufung von Diskriminierung von Minderheiten (Roma) oder grundrechtsspezifische Verfolgung. So hat der Europäische Gerichtshof erst am 07.07.2015 Belgien wegen der Abschiebung einer Roma-Familie nach Serbien wegen Verstoßes gegen das Verbot der unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK) verurteilt (V.M. et autres c. Belgique, No. 60125/11).

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DAV - Depesche

DAV-Depesche Nr. 41/15

Themen u. a.: Nachrichtendienste, Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, StPO-Justizreform, Friedensnobelpreis, Rassismus im Netz, Corporate Social Responsibility, IBA weiterlesen ›